grenzen los – eine Rezension

Thomas Rother

grenzen los

Texte, Gedichte, Dokumente zur Lage von gestern, für heute und morgen

hsg. von Thomas Münschke dwb

assoverlag Oberhausen, 2016

ISBN 978-3-938834-84-8

270 Seiten, zahlreiche Abb.

14,90

Ein Liebeslied

Thomas Rother, ein Essener Urgestein, Journalist, Schriftsteller, Bildhauer und politisch Agierender hat gegen Ende 2016 ein inhaltlich gewaltiges Buch vorgelegt.

Der Allround-Künstler gründete 1990 den berühmten Kunstkäfig bei der Unternehmensgruppe Sutter in Essen, der nach ihm etlichen Künstlern und Künstlerinnen offen stand. Seit Anfang der achtziger Jahre lebt und arbeitet er mit seiner Frau Christa zusammen auf dem Gelände des heutigen

Welterbes Zeche Zollverein in Essen-Katernberg. Er entwickelte auf dem Gelände 1/2/8 den so genannten Kunstschacht, einen Begriff, den er aus dem Bergbau übernahm. Dort hießen Schächte so, in denen ein Kunstgestänge zur Hebung des Grubenwassers eingebaut war.

Rother ist in einer großen Halle künstlerisch und als Sammler von historisch wertvollen Gegenständen tätig. Neben einer Reihe von Kunstkatalogen (z. B. Kohlenwäsche; Grenzrosen) veröffentlichte er in den vergangenen Jahren etliche literarische Werke, u. a. Das plötzliche Verstummen des Wilhelm W.; Arschleder zwickt; Bombenstimmung; Alles paletti; Muttersuche; Untermenschen – Obermenschen; Die Krupps und die Thyssens.

Nun scheint er wichtige Dinge aus seinem Leben (aus unserem Leben) in Text und Bild zusammen- gefasst zu haben, um uns die Arbeit des Nachdenkens über unsere Vergangenheit – und auch das Denken an die Zukunft – zu erleichtern. Vielleicht auch nur scheinbar zu erleichtern, denn überall zwischen den Zeilen werden wir aufgerufen, selber zu denken. Wie es schon der Mönch Petrus Abaelard im zwölften (!) Jahrhundert niedergeschrieben hat: Selbständig denken lernen bedeutet Aufklärung. Viel Geschichte taucht in Rothers Kompendium auf, viel Kritik, viele Warnungen, wie z. B. der Satz: Trau niemals einem, der die Wahrheit hat! Gedichte, kurze Sentenzen und Essays, Aphorismen und Lebensweisheiten wechseln sich ab mit Erzählungen über die Vergangenheit, insbesondere die des Ruhrgebietes. Aus der Vergangenheit lernen für die Zukunft, das scheint uns

der Dichter zuzurufen, und wir sollten die Ohren weit aufsperren, denn es kommen gewaltige

Probleme auf uns zu. Doch der Dichter ist nicht nur Warner. Er zeichnet mit Worten und Bildern

gleichzeitig ein mächtiges Liebeslied auf das Ruhrgebiet, auf uns, auf die Kunst und das Leben.

„Wo Liebe ist / da wird es rot / da steht das Leben erst im Lot auf Erden / Die Farbe ist ganz die Musik für mich / der Liebe Rot ist Trumpf und macht den ersten Stich.“

Mit dem Projekt „grenzrosen“ (Rosen aus Stahl) in Polen im Osten, an der Neiße und in Bad Muskau,

in Kehl und Straßburg und im Dreiländereck Deutschland, Belgien, Luxemburg forderte der Künstler

Frieden und Liebe für Europa und machte gleichzeitig darauf aufmerksam, geographische und mentale Grenzen in Europa abzubauen. Macht die Grenzen los!

ust

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